Review der EP „Nacht für Nacht“ von den Teilzeitengeln

Das Intro der EP ist ungefähr bis zur Hälfte melancholisch gehalten, um dann von einer rotzigen Gitarre und schließlich bis kurz vor Intro-Ende fast bombastischem Background begleitet zu werden. Die letzten Sekunden gleiten wieder ins melancholische ab. 

Diese Melancholie wird im ersten Song „Kinderstrich“ dann wieder durch den eigentlichen Stil der 3 Jungs aus der Hauptstadt unterbrochen. Dieser erinnert musikalisch direkt an die Onkelz vor 30 Jahren, unangenehme Themen direkt und unbarmherzig ansprechend 

(Hintergrundinfo: Die TZE machen sich gesellschaftliche Themen nicht nur musikalisch zur Aufgabe, von allen Einnahmen gehen Anteile an diverse Einrichtungen für Kinder; also ECHTE TeilZeitEngel).

Die Stimme von Spatzl ist hier Genre-gerecht rau, deswegen aber nicht weniger herausragend und eingehend gesungen. Ollis Gitarre dazu macht den Track zu einem rundum gelungenen Stück.

Im Titeltrack „Nacht für Nacht“ wird die traurige Geschichte eines Kindes erzählt, welches „in der Hölle lebt“, weil es Misshandlungen und schließlich den Tod erfährt. Trotz der traurigen Story kommt das Kind im Lied selbst eher erlöst rüber.

Nichts desto Trotz lässt einem der ergreifend von Spatzl gesungene Refrain kalten Schauer über den Rücken laufen... dieser Song ist ein echter Brecher.

Das besondere an dem Song ist, die Sichtweise des Kindes selbst wurde durch eingebauten Sprechgesang von einem Gastmusiker umgesetzt. Neue Klänge in der DR Szene, die hier platziert werden. Mutig, aber sehr treffend umgesetzt.

Auch bei „Gewissen“ sind die Einflüsse unverkennbar. Der Text von „Gewissen“ ist sehr deutlich und schon fast wie in einer Hymne gezogen.

Dunkle Backvoice als Gewissensstimme inszeniert, hat dieses Werk echtes Zeug zu einem Klassiker zu werden. Hier kann in bekannter Manier der Text wie ein Gebet auch noch zu später Stunde interpretiert werden, um es vorsichtig auszudrücken. Das Gewissen mit Reinheit, als Bestie und als Feind zu besingen, und das in bekanntem Stil, wird mit Sicherheit große Resonanz finden.

Die wiederum melancholische Ballade „Lass mich Fliegen“ erzählt von Engelskindern. Die enorme Range von Sänger Spatzl kommt hier in allen Facetten rüber. Vom Sprechgesang bis zum fast geschriehenden Refrain kommt der Frontmann jederzeit durch und begeistert damit.

Sehr geil hier das Olli mit seinem Soli an der Gitarre auch andere Töne hören lassen kann, als die die er ursprünglich vertrat, nämlich die Gitarren der Death-, und Trashmetalszene. Klares Spiel und drückender Rhythmus, ein richtiges „Licht aus und Laut“ Lied. 

Die TeilZeitEngel verstehen es hier, Gefühle zu transportieren.

Letzter Track der TZE EP ist eine ruhigere, sehr traurige Version von „Nacht für Nacht“. Hier wird mit ruhigeren Klängen das Thema Kindermisshandlung nochmals extra sensibilisiert. Die reinen, kleinen Kinderseelen mit reinen Klängen zu interpretieren, ist mehr als geil umgesetzt.

Als Fazit bleibt, die 3 Jungs aus Berlin sind nicht nur eine Nummer, die uns allen mit dieser EP in die Köpfe gehen wird. Sie haben alles was zur EP nötig war selbst gemacht und arrangiert, sogar das Logo und das Cover ist handgemalt. Und bei den TeilZeitEngeln ist der Name Programm, und mit den Spenden aus den Verkäufen der EP ein rundum durchdachtes Deutschrock-Paket. Macht Euch auf etwas gefasst!

Holger vom Wilden Mann Nellingen